Fit für Extremes im All

Gravitationskräfte (G-Kräfte)

Wobei treten G-Kräfte auf?

  • Autofahren (in den Sitz gedrückt werden während der Beschleunigung, in den Gurt beim Abbremsen)
  • Fahrgeschäfte (können schon höher sein)
  • (Kampf-)flugzeuge
  • Raketenstarts oder -landungen

Besondere Belastungen für die Astronauten

  • 1 g-Kraft ist die einfache Erdschwere
  • x g-Kraft ist die x-fache Kraft
  • Positive g-Kraft
    Beschleunigung nach oben
    → Blut versackt in den Beinen, die Durchblutung im Gehirn nimmt entsprechend ab, zunächst Tunnelblick, dann Bewusstlosigkeit.
    → Die Zeit der Bewusstlosigkeit wird dabei vom Betroffenen häufig gar nicht bemerkt.
  • Negative G-Kräfte
    Beschleunigung nach unten → Blut vermehrt im Gehirn → Überdruck → wird deutlich schlechter vertragen, evtl. sogar
    Zerreißen von Gefäßen im Kopf (Hirnblutungen)
  • Seitliche G-Kräfte
    Zusätzlich starke Beanspruchung insbesondere der Halswirbelsäulen-(Nacken-)Muskulatur → Schleudertrauma, falls schlagartig aufgetreten

Aushalten von G-Kräften:

  • 1-2 fach in der Regel kein Problem
  • 3-4 fach Tunnelblick (bei neg. g-Kraft Roteinfärbung des Gesichtsfelds, Bluteinstrom), Atemprobleme durch Druck auf die Brust
  • 5-6 fach mögliche Bewusstlosigkeit
  • Druck auf die Knochen, Muskulatur und innere Organe
  • Im Liegen bessere Tolerierung als im Sitzen oder Stehen
  • Mitentscheidend ist natürlich auch die jeweilige Zeitdauer der Einwirkung
  • Trainings- und Gesundheitszustand
  • Im Extremfall lassen sich von einem gesunden Körper kurzzeitig auch Werte von 15-20 fach ertragen (Sekunden).
  • Ein Flug zum Mond durch eine Kanone (Jules Verne) ist mit den heutigen Mitteln jedoch nicht überlebbar (>11000g bei 0.1s Beschleunigungsdauer)

„Harmlose“ Schwerkraft-Zwischenfälle vor dem Start

  • Durch das Liegen in der Kapsel mit den erhöhten Beinen (Bild links) fließt vermehrt Blut in den Körper.
  • Das Herz signalisiert dadurch ein vermehrtes Blutvolumen, wodurch die Harnproduktion zunimmt, die Folge ist Harndrang mit drohendem Wasserlassen bei voller Blase.

Weniger Belastung für passive Astronauten

Vier Weltraumtouristen, darunter William Shatner, vor dem Flug mit New Shepard von Blue Origin.

Passive Astronauten (z.B. Weltraumtouristen, Wissenschaftliche Mitarbeiter) haben keine direkte Aufgabe bei der Steuerung des Raumschiffs.

  • Sie müssen etwas weniger fit sein, weil sie in kritischen Situationen in der Regel nicht helfen können
  • Sie müssen aber trotzdem z.B. die G-Kräfte aushalten können
  • Ältester Astronaut im Orbit John Glenn mit 77 Jahren (1998)
  • Älteste Person, die die Karman-Linie (100km) überschritten hat,  ist der Schauspieler William Shatner mit 90 Jahren (2021)

Tests für Astronauten

Psychologie

  • Psychologische Gutachten und Tests
  • Psychische Stressbelastbarkeit auch in kritischen Situationen (kühlen Kopf bewahren)

Sportmedizinische Untersuchungen

  • Im Wesentlichen Untersuchungen  wie bei einer sportärztlichen  Untersuchung
  • EKG / Belastungs-EKG Ultraschall des Herzens
  • Körperliche Untersuchung  (z.B. Ohren, Zähne)
  • Weitergehende Untersuchungen  bei speziellen Fragestellungen

Aufgrund welcher Erkrankungen wurden Astronauten nicht zum Flug zugelassen

  • Donald Kent „Deke“ Slayton:
    Herzprobleme (Vorhofflimmern). Gab aber dann das Rauchen und Kaffeetrinken auf und trieb Sport. Ihm wurde daraufhin die Flugtauglichkeit gegeben und er flog mit der Apollo-Sojus-Mission 1975 ins All.
  • Scott Carpenter:
    Flog mit der zweiten orbitalen Mission der Mercury-Kapsel. Motorradunfall, welcher seinen linken Arm in der Bewegung beeinträchtigte. Trotz zweier Operationen erlangte  er seine Flugtauglichkeit nicht mehr zurück.
  • Alan Shepard:
    nach dem ersten suborbitalen Mercury-Flug wurde eine Innenohrerkrankung festgestellt (Morbus Meniere), welche extreme Störungen des Gleichgewichtssinns zur Folge hat. Er wurde schon nicht mehr zu den Geminiflügen zugelassen. Nach einer Operation am Innenohr wurde er rehabilitiert (Apollo 14).

Überlebenswichtige Fitness – Beispiele aus der Raumfahrtgeschichte

Ernsthafte Probleme (Schwerelosigkeit)

  • Gemini 9: Problematisches Arbeiten in Schwerelosigkeit → Actio und reactio
    • Außenbordeinsatz extrem anstrengend,
      „Cernan wäre durch die Hölle gegangen“
    • Dabei extreme Herzfrequenzanstiege,
      durch die Anstrengung ist auch das Visier beschlagen
  • Ähnliche Probleme traten auch bei Gemini 10 und 11 auf
  • Vor Gemini 12 Übungen für die Simulation der Schwerelosigkeit im Wasser (Daraufhin funktionierten die Außenbordeinsätze)

Ernsthafte Probleme (Ausfall von Lebenserhaltungssystemen)

Apollo 13: Nach dem Unfall musste die Stromversorgung drastisch runtergefahren werden
→ Temperaturen in der Apollo Kapsel bis 0°C.
Fred Haise war wohl am Schluss u.a. deshalb krank geworden.

Hat die besondere Fitness schon einmal zum Überleben einer Besatzung in einer kritischen Situation geführt?

Gemini 8: Beim Ankoppeln an die Agena-Zielrakete plötzliche Eigendrehung der Gemini-Kapsel bis zu 1 Umdrehung/sec.
Die Astronauten waren nahe an der Bewusstlosigkeit, aufgrund der entsprechenden Fitness konnte das Problem gelöst werden.

Ernsthafte Probleme (Nervenstärke)

  • Apollo 10: Beim simulierten Landeanflug versagte die Computersteuerung des Lageregelungssystems durch Fehleingaben  kritische Momente durch Torkeln der Landefähre (Thomas Stafford und Eugene Cernan)
  • Apollo 11: Landung auf den Mond mit nur noch sehr geringem Resttreibstoffanteil  trotzdem sinnvolles Überfliegen eines
    Kraters (Neil Armstrong und Edwin Aldrin)
  • Apollo 14: Beim Landeanflug auf den Mond zeitweise Ausfall des Landeradars, trotzdem Landung (Alan Shepard und Edgar Mitchell)